Die beste Zeit war morgens. Morgens am Meer. Immer der Promenade entlang. Vorbei am kleinen Fischerhafen. Den wippenden Booten. Einfach der Sonne entgegen. Laufen. Joggen. Mucke im Ohr. Nix denken. Bloß genießen. Denksde.
Schuhe zu, Jacke an – und los. In fünf Minuten bin ich da. Am Meer. Was für ein Luxus. Da bin ich. Schaue links, schaue rechts. Ach, da biegt grad jemand zeitgleich mit mir um die Ecke. Egal. Was für ein Licht! Die Wellen kräuseln sich. Die Stimmung verzaubert. Die Musik trägt mich. Trägt mich vorbei an den kleinen Cafés, die ihre Terrassen für die ersten Gäste präparieren. Vorbei am idyllischen Hafen, wo sonnengegerbte Fischer an ihren altersschwachen Booten werkeln. Viele Boote liegen da. Ein einziges harmonisches, sanftes Schwappen, Schaukeln und Wippen. Schön. Kleine Fischerhäuschen von charmant bis verfallen wechseln sich ab mit Nobelimmobilien betuchter Ausländer. Die zahlen inzwischen mehrere Millionen für die erste Meereslinie. Wahnsinn. Und er geht weiter. An fast jeder Ecke stehen Gerüste, wird renoviert, gebaut und gehämmert. Portixol halt. Palmas Szeneviertel.
Die Promenade von Portixol bei Palma. Ab Herbst 2015 war ich fast ein halbes Jahr auf der Insel.
Es wird voller. Was mir heute wieder alles entgegenkommt! Drei ältere spanische Damen im Stechschritt. Alle laut durcheinanderredend und wild gestikulierend. Um was es da wohl grad geht? Der verschrobene Vokuhila-Typ in Cargohosen, der ganz in sich versunken am Strand im Sand rumbuddelt. Was macht der da, um die Uhrzeit? Das durchtrainiert wirkende Touri-Rentner-Pärchen, braungebrannt, immer Hand in Hand. Symbiotisch. Süß. Aber im Partnerlook, muss das sein? Junge, gestählte Bodysurfer, die sich in die Wellen werfen. Alte, zahnlose Männer, die aufs Meer schauen. Was die wohl grade denken? Und was haben die zu erzählen? Über das Leben am Meer? Und dann all die allein gehenden, joggenden, hoppelnden Spinner. So wie ich. Naja. An der Promenade trifft sich eben alles. Touris, Spanier. Radler, Renner. Freaks, Fregatten. Skater, Surfer. Alt, jung. Dick, dünn. Mit und ohne Möpse. Oder Dackel.
Der Obelisk. Illustrer Treffpunkt am Meer. Schaulaufen in alle Richtungen.
Jetzt geht's Richtung Obelisk. Heute wieder Altherren-Meeting morgens um acht? Ja, da sitzen schon zwei. Klar, plappernd. Auf dem Rückweg sind es sicher schon fünf. Jede Wette. Da, der nächste ist im Anmarsch. Auf Krücken. Egal. Bloß den Termin nicht versäumen! Dass Spanier schon am frühen Morgen so viel quatschen können. Unglaublich. Man stelle sich das in Bonn vor. Am Ufer des Rheins. Undenkbar. Ach, Bonn. Klar, auch schön. Väterchen Rhein. Aber hier – der Blick auf den endlosen Horizont. Nicht auf die schäl Sick. Und das glitzernde, blaue Meer, das ruft: Komm doch rein. Links von mir ein Trupp Touris. Terroristen mit Stock. Und weißen Socken. Rechts von mir der Strand, die Wellen, ein paar Angler. Besser. Bald bin ich da. Dann umkehren und die gleiche Strecke wieder zurück ...
Ja, postkartenkitschig, ich weiß. Aber so war's ...
In meinem Ohr trällert Ane Brun 'Headphone Silence' in Endlosschleife. I'm traveling the wonderful loneliness of the headphone silence… I have my thoughts all to myself. My content and the view outside. Das passt. Headphone Silence. Wie man das wohl übersetzt? Stille in Stereo? Keine Ahnung. Egal. Just enjoy. Just be.